Drei edle, lebensfrohe junge Herren – gekleidet in ­langen vornehmen und kostbaren Gewändern – gingen einst über den Friedhof. Keiner bedachte den Ort, wo sie sich eben befanden. Plötzlich standen drei Gestalten vor ihnen: Mager, mit abstehenden Ohren, hohlen Augen und mit den Resten vornehmer Gewänder bekleidet. Sie hoben die rechte Hand, grüssten und sagten: «Was ihr seid, waren wir auch und was wir sind, werdet ihr bald sein.» Sagten es und verschwanden.

Im Schiff der St. Martinskirche auf Kirchbühl ist diese Legende an der rechten Schiffswand dargestellt (in der oberen Bildzeile rechts des gotischen Fensters; zwei der drei vornehmen Herren wurden beim Ausbruch des Fensters zerstört). Die drei jungen, gekrönten Edelleute begegnen auf ihrem Weg über einen verlassenen Friedhof drei Toten, die ihnen grüssend entgegentreten. Diese berichten von ihrem früheren Leben und ermahnen die Edelleute, schon im Leben von ihrem genusssüchtigen Lebenswandel abzulassen und an den Tod zu denken. Die Legendenversion, die sich in Kunst und Literatur seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts von Frankreich über Europa ausbreitete, steht als memento mori (lat. = Gedenke des Todes) zwischen profaner und religiöser Themenwelt.

Das Fresko in Kirchbühl gehört zu den frühesten monumentalen Darstellungen dieses Themas ausserhalb Frankreichs. Der französischen Tradition gemäss sind die drei Toten aufrecht stehend als «lebende Tote» dargestellt.